
Alltägliches und Kurioses zum Frühlingsanfang: Ein Beitrag über drei Frühjahrsanfänge, die Sommerzeit und falsch tickende Uhren in ganz Europa.
Wird die Uhr nun eine Stunde vor oder eine zurückgestellt? Warum gibt es drei Frühjahrsanfänge und warum werden die einen müde davon, und die anderen hibbelig? Keine Jahreszeit schafft so einen Hype um sich wie der Frühling. Alle mit „Frühling“ zusammengesetzten Worte haben Hochkonjunktur: Frühlingsgefühle, Frühjahrsputz, Frühjahrsmüdigkeit . . . Was liegt am 20. März also näher als ein Blogbeitrag zum Frühling! Denn mal ehrlich – warum genau ist heute eigentlich Frühlingsanfang, wo das Wetter doch alles andere als frühlingshaft ist?
Heute um 17:15 Uhr wandert die Sonne auf die Nordhalbkugel
Dass der Frühlingsanfang nicht wirklich mit dem Wetter zusammenhängt, wissen wir schon lange, haben es oft genug erlebt und schon in der Schule gelernt: Am 21. März ist Frühlingsanfang. Richtig aber ist: Je nach Abstand zum letzten Schaltjahr kann er am 19., 20. oder 21. März sein. Das konkrete Datum wird durch die besondere Position der Erde entlang ihrer Bahn um die Sonne definiert. Denn der kalendarische Frühlingsanfang leitet sich vom astronomischen ab: Wenn die Sonne von der Südhalbkugel der Erde auf die Nordhalbkugel wandert, und das wird heute um 17:15 Uhr sein, beginnt der Frühling. Die Astronomen nennen es Frühlingsäquinoktium: Die Tage und Nächte sind in dieser Zeit ungefähr gleich lang. Den 20. März als Frühlingsbeginn können wir uns übrigens dauerhaft merken, denn erst im Jahr 2102 wird die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche wieder auf den 21. März fallen.
Für die Meteorologen fängt der Frühling am 1. März an. Der Grund dafür ist von praktischer Natur: Für Statistiken und Temperaturanalysen ist es einfacher, einen festen Zeitraum zu definieren.
Deshalb legte die Weltorganisation für Meteorologie fest, dass der meteorologische Frühling drei Monate dauert und am ersten Tag des Monats beginnt, in dem der astronomische Jahreszeitenwechsel
stattfindet.
Märzenstaub und Märzenwind guten Sommers Vorboten sind.
Eine ganz andere Wissenschaft verbirgt sich hinter Bauernregeln wie diesen. Die Phänologie. Noch nie davon gehört? Der phänologische Frühlingsanfang lässt sich am schwierigsten festlegen: Denn er orientiert sich am Aufblühen bestimmter Pflanzen. Phänologen beobachten bei Pflanzen die Eintrittszeiten charakteristischer Wachstumsstufen, die "phänologischen Phasen". Darunter fällt zum Beispiel der Beginn der Blüte, der Blattentfaltung oder Blattverfärbung. Mithilfe solcher Daten können sie feststellen, wie sich die Entwicklung von Pflanzen in den vergangenen Jahren verändert hat, und Trends für die Zukunft voraussagen. Teilweise greifen sie auf große Vergleichsdatenmengen aus früheren Zeiten zurück, denn die Phänologie ist eine Wissenschaft mit langer Tradition.
Raus aus der Winterstarre
Auch der Ursache für die „Frühlingsgefühle“ gehen Forscher schon sehr lange auf den Grund. Dass sie existieren, ist bewiesen. Mit dem Frühling verspürt der Mensch eine Aufbruchsstimmung, das Gefühl, Ballast abzuwerfen von der kalten Winterzeit. Die zunehmende Lichteinwirkung reduziert im Gehirn das Schlafhormon Melatonin, das Glückshormon Serotonin wird ausgeschüttet. Durch die Hormonumstellung fühlen wir uns aktiver und wacher.
Warum klagt dann manch Zeitgenosse über Frühjahrsmüdigkeit? Eine gute Ausrede? Frühjahrsmüdigkeit lässt sich nicht messen. Fakt ist aber, dass die erhöhte Aktivität zu einer intensiveren
Erschöpfung führt. Evolutionsbedingt läuft der Körper im Winter in einer Art Sparmodus. Denn früher gab es weniger Nahrung und wegen der Kälte musste man sich ruhiger verhalten. Sobald es ins
Frühjahr geht, gilt es, den Körper zu mobilisieren, und das dauert bei einigen Menschen eben länger als bei anderen.
Zu wenig Hertz im Netz: Uhren geraten europaweit aus dem Takt
Vor zwei Wochen hatten von der Frühjahrsmüdigkeit geplagte Menschen eine gute Ausrede fürs Zuspätkommen: Schwankungen im Stromnetz haben die Uhren in Radioweckern und Backöfen in ganz Europa um fünf bis sechs Minuten nachgehen lassen. Diese Synchron-Uhren beziehen ihren Takt aus der normalerweise immer konstant bleibenden Frequenz im Stromnetz, die in Kontinentaleuropa bei fast 50 Hertz liegt. Kommt es zu stärkeren Frequenzabweichungen, etwa wenn deutlich mehr Strom für das Heizen im Winter genutzt wird, gleichen die Netzbetreiber die Differenz durch höhere Einspeisung aus. Wie konnte es zu der Versorgungslücke kommen?

Ein Dauerkonflikt auf dem Balkan hat dazu geführt. Von dort ist zu wenig Strom in das kontinentale Netz geflossen, an dem 25 Staaten von der Türkei bis zu den Niederlanden hängen. Kosovo, das sich vor zehn Jahren von Serbien abgespalten hat, hat zu wenig Strom ins Netz eingespeist. Serbien möchte die frühere Provinz zurückhaben und hat sich daher geweigert, die Lücke auszugleichen. Und Deutschland kann nicht ohne weiteres in die Bresche springen und selbst mehr Strom bereitstellen. Zum Glück hatte die Stromlücke – es waren nur einige hundert Megawatt – ansonsten keine gravierenden Folgen. Sie führt aber vor Augen, wie sensibel das Thema ist. Allzu oft wird in diesem Zusammenhang dem Ökostrom der schwarze Peter zugeschoben. In den Hintergrund darf aber nicht rücken, dass länderübergreifende Konflikte und auch der internationale Stromhandel, und dieser in gleichem, ja sogar größerem Ausmaß, zur Instabilität in Stromnetzen beitragen kann.
Und nicht vergessen: Am kommenden Wochenende beginnt die Sommerzeit. Die Uhren werden am 25. März um 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt! Egal wie viel Hertz im Netz sind, ob die Uhren richtig oder
falsch gehen, ob wir von Frühjahrsmüdigkeit geplagt sind oder Frühlingsgefühle hegen . . .

Andrea Schneider liebt es, Fachthemen fundiert und verständlich aufzubereiten. Mit den regenerativen Energien, allen voran der Solarenergie, ist sie in der PR-Branche groß geworden. Sie ins richtige Licht zu rücken, ist ihr eine Herzensangelegenheit. Denn warum mit Kohleenergie die Luft verpesten und mit Atomenergie die Welt gefährden, wenn es echte Alternativen gibt.
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