
Die Freiheit der Presse, zu schreiben, was sie möchte, ist ein wichtiger Pfeiler jeder lebendigen Demokratie. Einschränkungen der Pressefreiheit sind häufig Bestandteil totalitärer Systeme. Um Deutschland steht es vergleichsweise gut, doch auch hier gibt es Luft nach oben.
Pünktlich zum internationalen Tag der Pressefreiheit warnt die Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrer jährlichen Rangliste der Pressefreiheit davor, dass Journalisten in immer mehr Ländern Hetze und Gewalt ausgesetzt sind. Es ist sehr enttäuschend, dass sich die Arbeitsbedingungen für Journalisten in einigen Ländern deutlich verschlechtert haben. Die systematische Diffamierung von Medien durch die Regierungstreibenden ist ein altbewährtes Instrument, das auch in den traurigen Spitzenreiter-Ländern der Rangliste, Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei, funktioniert.
Deutschland auf Platz 15
Deutschland sollte es sich auf Platz 15 auch nicht allzu bequem machen. Zentrale Probleme für hiesige Journalisten sind die Überwachung ihrer Smartphones und sozialen Netzwerke, und politische Extreme, die kritische Berichterstatter mundtot machen wollen. Glücklicherweise können die meisten Journalisten kritisch über die Regierung oder Unternehmen ohne Angst vor Repressalien berichten.
Pressefreiheit und PR
Ohne Pressefreiheit wäre auch die Unternehmenskommunikation, so wie wir sie heute praktizieren, nicht möglich. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, muss lediglich einen Blick nach China
werfen – keine Information, die nicht vom Staat mitgelesen, kontrolliert, wo „nötig“, zensiert wird. Es ist praktisch unmöglich, als PR-Treibender über alternative Heilungsmethoden,
Fahrzeugantriebe, Bauwesen, künstliche Intelligenz, Cloud-Technologien oder sonst irgendeinen Bereich zu berichten, in dem die Regierung kein Stakeholder ist.
Freilich ist der Weg von Platz 15 über die Türkei (Rekordhalter hinsichtlich der Anzahl inhaftierter Journalisten) bis nach China ein weiter, den wir hoffentlich nie beschreiten werden.
Allerdings zeigen Länder wie Tschechien und Slowakei, die beide innerhalb eines Jahres jeweils zehn Plätze einbüßen mussten, dass sich ein negativer Wandel extrem schnell vollziehen kann.
Journalismus und PR gleichermaßen in Verruf
Interessanterweise gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung viele Kritikpunkte am heutigen Journalismus, ebenso wie an der PR. In Filmen und Meinungsartikeln von Redakteuren werden wir gerne als
übermäßig geschliffene, machthungrige Manipulatoren dargestellt. Was lustig ist, weil die meisten Kollegen, die mir im Lauf meiner langen PR-Laufbahn begegnet sind, nicht dem Typus Lobbyist
angehören, sondern reflektierte Berater oder versierte Textprofis sind.
Ab und zu stoßen wir in sozialen Netzwerken und bei Telefonaten auf Journalisten, die unsere Arbeit als Einschränkung ihrer journalistischen Tätigkeit empfinden und sich eine stärkere Abgrenzung
wünschen. Bei einigen dominiert das Gefühl, wir schreiben ihnen vor (im engsten Sinne des Wortes), was sie abzudrucken haben. Häufig erfahren wir aber auch, dass wir über gut recherchierte Texte
„echte“ News und interessante Informationen liefern können und als wichtiger Partner in ihrem Arbeitsalltag geschätzt und wahrgenommen werden.
Redaktion am längeren Hebel
Und tatsächlich ist es selbst für uns PRler unmöglich zu sagen, welchen Einfluss unsere Branche auf den freien Journalismus hat. Sicher ist: Selbst, wenn unser Kunde verlässlich Anzeigen in einer
bestimmten Publikation schaltet, entscheidet am Ende immer die Redaktion, welche Themen gespielt werden.
Wer einen Text schlampig recherchiert, schlecht schreibt oder mit Lobhudeleien spickt, wird enttäuscht werden. Und das ist gut so.
Denn auch wir wollen nicht in einem Deutschland auf Rang 25 oder 50 leben. Natürlich wollen wir unsere Kunden zum Erfolg führen. Deshalb spielen wir mit offenen Karten, liefern Informationen und
begleiten unsere Kunden mit dem Blick einer kritischen Öffentlichkeit. Nur dann gelingt eine gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe, von der ein freier Journalismus letztlich nur profitieren kann.
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